Mathis Künstner + Stefan Seifert

DJH München Park

Bauherr
DJH Landesverband Bayern
Leistung:
LPH 2 - 5 + Teile aus 6 - 8
Fertigstellung:
2009
Bruttofläche:
7.500 m²
Baukosten:
12.000.000 €
Google Earth:
48°05'57.95", 11°32'36.98"
Die Jugendherberge München Thalkirchen wurde im Jahre 1974 als Neubau eingeweiht. Die gesamte Anlage liegt in der Isarniederung zwischen der Thalkirchner Brücke und der Anhöhe zur Wolfratshauser Straße. Das Gebäude besitzt den Charme der 70er Jahre, in dem es mit den Architekturelementen der Wandscheibe, Sichtbeton im Äußeren und Inneren und relativ hohem Verglasungsanteil agiert. Gleichzeitig jedoch verlässt es die rigiden Grund- und Aufrissformen der damaligen Zeit und spielt mit zueinander versetzten Baukörpern, die Schneisen und Fugen bilden und dadurch Licht ins Innere gelangen lassen – somit auch Ausblicke von innen ermöglichen.

Anlass der Generalsanierung:

Das Gebäude entsprach von der baulichen Substanz her dem Standard seiner Entstehungszeit. So waren die Mauerwerksschotten kaum gedämmt, die Fensterelemente wiesen einen nicht mehr dem Stand der Technik entsprechenden Dämmwert auf. Viele Bauteile wurden ungedämmt direkt von in-nen nach außen geführt, so dass wir hier deutliche Wärmebrücken vorfanden.
Die Jugendherberge entsprach auch im brandschutztechnischen Sinne nicht mehr den Anforderungen. Die Haustechnik des Gebäudes bedurfte einer kompletten Erneuerung.

Bei diesem Haus handelt es sich um eine sehr gut besuchte Jugendherberge, die durch ihre Lage in der Landeshauptstadt München auch internationales Publikum anzieht. Sie ist sowohl für Schulklassen, die das Hauptklientel stellen, als auch für Rucksacktouristen eine sehr beliebte Anlaufstelle. Um das Haus wieder seiner einstigen Attraktivität zuzuführen, wurde sich für eine generelle Sanierung und Modernisierung entschieden.
Außer den erwähnten bautechnischen Anforderungen war es Ziel der Maßnahme, alle Zimmer mit Bädern auszustatten und den aktuellen Bedürfnissen einer heutigen Jugendherberge zu entsprechen - als Beispiel sei hier die Behindertenfreundlichkeit und Erweiterungen im Seminarbereich genannt. Ebenfalls wurde dem Haus ein neues Kleid angepasst. Die Fassade wurde komplett erneuert, in dem sie eine Außendämmung und neue Fensterelemente erhielt.

Vor dem Umbau konnte die Herberge 366 Betten anbieten, teils aber in Schlafsälen für 15 Gäste.


Erläuterung zu den nutzungsspezifischen Bereichen

Ein neuer Windfang wurde direkt in die Hallenfassade eingestellt, so dass der Gast in den offenen Raum der zweigeschossigen Halle tritt. In Verlängerung des Einganges ist die Rezeption platziert. So liegt der Empfang zentral zum Gebäude - vor allem in Nähe des hofseitigen Eingangs und des neuen Bistros.
Eine neu installierte Rampe nimmt die gegebenen Höhenunterschiede in der Halle auf. Um die Behin-dertenfreundlichkeit der Herberge herzustellen, erschließt jetzt ein Aufzug zwischen Halle und Speise-saal alle sieben zueinander versetzten Ebenen.

Den Speisesaal betritt man von der Halle her über zwei Zugänge. Zwischen ihnen befinden sich zwei Räume mit Automatenstation und in rezeptionsnaher Entfernung die Wäscheaus- und -abgabe. Die Essensausgabe wurde als Free-Flow-System konzipiert.

Im direkten Anschluss an die Halle addiert sich zur Südseite hin ein circa 6 m breiter Baukörper. Hierin befinden sich das Bistro und 2 Seminarräume, die im Bedarfsfall auch dem Speisesaal zugeschaltet werden können. Diese Flexibilität wird durch verschiebbare Glaswände realisiert, die zusammen mit Oberlichten natürliches Licht in das Gebäudeinnere lenken.
In Verlängerung der neuen Räume wurde ein kubischer zweigeschossiger Baukörper eingefügt, der pro Ebene je einen Seminarraum für circa 35 Personen bietet. Der Baukörper ist aufgeständert. Die beiden Räume und die Gästezimmergeschosse sind durch einen zweiten Aufzug in diesem Bauteil erschlossen.

In den seitherigen Tagungsräumen im Obergeschoss wird die Infrastruktur ergänzt, um den Bereich autark zu halten. Der große Seminarraum bleibt weiterhin teilbar. Die ehemals im Raum stehenden, tragenden Stützen wurden durch einen kleinen statischen Kunstgriff entfernt, so dass der Raum nun wesentlich besser nutzbar ist.

Im Untergeschoss, dem Foyer -1, stehen den Gästen ein Partyraum, eine Werkstätte, der Waschma-schinenraum und "öffentliche" Toiletten zur Verfügung.

Foyer, Speisesaal, Seminarräume und Foyer -1 sind mit einem Industrieparkett ausgestattet, das sehr strapazierfähig ist, gleichzeitig aber auch eine hohe gestalterische Qualität aufweist.

Der gesamte Küchenbereich wurde tief eingreifend umstrukturiert. Ein erweiterter Vorbereich im Inne-ren mit direkter Vertikalanbindung durch einen neuen Lastenaufzug ins Untergeschoss erlaubt kurze und logistisch sinnvolle Wege. Im Erdgeschoss sind nun auch Personalaufenthaltsräume untergebracht, eine Treppe führt zu den Personalumkleiden im Untergeschoss. Die Spülküche wurde so installiert, dass mehr Raum für die deutlich vergrößerte Ausgabe entstand. Gleichzeitig kann durch ihre Platzierung die Lärmbelästigung des Speisesaales eingeschränkt werden.

Bei den Gästezimmern ging es vor allem darum, alle mit direkt zugeordneten Bädern zu versorgen. So erhielten 85 Zimmer ein eigenes Bad, 30 Zimmer teilen sich jeweils ein Bad, das von einem gemein-samen Vorraum aus erschlossen wird. Die für die Bäder benötigte Fläche wurde durch Neugewinnung an anderer Stelle völlig kompensiert. So wurden seitherige Personalunterkünfte in Gästezimmer um-gebaut, ungenutzte Terrassen überbaut und im Westen und Osten des Gebäudes die Schlafsäle so erhöht, dass hier qualtitätvolle Zimmer entstehen konnten. Trotz der Umbauten konnte die Bettenkapazität nicht nur erhalten, sondern sogar in geringem Maße auf 370 Betten gesteigert werden.

Die Erneuerung der Haustechnik umfasst eine völlig neue Verkabelung des Hauses, die im Zusammenspiel mit der neu installierten Heizungsanlage gekoppelt ist, die von der Rezeption aus gesteuert werden kann, so dass eine möglichst hohe Energieoptimierung gewährleistet werden kann. Alle Zimmer erhalten im Bad eine Dusche, ein eigenes WC und eine zusätzliche Waschgelgenheit im Raum selbst.

Um die Brandschutzanforderungen zu erfüllen, wurde das Haus mit einer Brandmeldeanlage ausgestattet. Zwei neue Treppenanlagen verkürzen die Rettungsweglängen.

Die Außenanlagen mussten neu gefasst werden. Hier ist besonders der Innenhof zu beschreiben, der teils als Terrasse für das Bistro dient. So entsteht hier in Ergänzung zur Halle ein kommunikativer Ort. Die Umfassungsgebärde des Hauses – die nach Süden hin offene U-Form – findet hier ihre Mitte.

Durch die Generalsanierungsmaßnahme ist wieder ein modernes Haus geschaffen worden, das sowohl in technischer als auch in gestalterischer Hinsicht dem Qualitätsanspruch einer heutigen Jugendherberge gerecht wird. Die Architektur des ursprünglichen Hauses aus den 1970er Jahren wurde sensibel benutzt, um sie mit heutigen Materialien, heutiger Technik und heutigem Gestaltungsvokabular neu zu beleben. Die addierten Neubauten stellen in ihrer Architektursprache keinen unbedingten Kontrast zum Gebäude dar, jedoch wird eine Ablesbarkeit des Hinzugefügten deutlich.